Warum Stuyvesant?

Die 60 und 70er Jahre waren die Blütezeit der klassischen Zigarettenreklame. Vielleicht waren sie auch die goldene Ära des Rauchens an sich. Blättert man in zeitgenössischen Zeitschriften, fällt auf, wie allgegenwärtig Zigarettenwerbung damals war, wie unkritisch mit Begriffen wie Frische, Freude am Rauchen und Genuss umgegangen wurde und wie selbstverständlich Tabakkonsum für einen aktiven Lebensstil stand.

Diese Ära ist lange vorbei. In Printmedien und im Internet ist die Werbung für Zigaretten seit 2007 nicht mehr erlaubt und ein Verbot für Plakat- und Kinowerbung eigentlich nur noch eine Frage der Zeit. Großformatige Horrorbotschaften und Gruselbilder auf Zigarettenschachteln sollen dem Raucher heutzutage das Nikotin madig machen. Da ich nicht rauche – es noch nie getan habe – tangieren mich solche Maßnahmen wenig.

Dennoch kommt ein bisschen Wehmut auf: als Mensch sehne ich mich nach der Zeit zurück in der das Leben nicht komplett reguliert wurde, als Grafiker fehlt mir die euphorische Zigaretten-Werbung dieser Tage – besonders die der Peter Stuvesant! Aber wer weiß: vielleicht vermisse ich einfach diesen ganzen sorglosen Lebensabschnitt.

Aber wie sahen Anzeigen für Zigaretten seinerzeit aus? Bruno beispielsweise, das berühmte "HB-Männchen" dürfte den meisten noch im Gedächtnis geblieben sein. Eine ganz andere grafische Anmutung hatte dagegen die psychedelisch angehauchte Reval Kampagne, die in ihrer wilden Farbigkeit schon fast an die Grafik von Heinz Edelmann's Yellow Submarine erinnerte:

Reval: Pop Art trifft Zigarettenwerbung


Gegensätzlicher konnte die Bildsprache von "Lord Extra", der Marke, die meine Eltern rauchten, kaum sein. Hier finden sich Gruppen attraktiver Menschen, jung, sportlich und mit akkuratem Haarschnitt, zum Segeln, Campen, Eisstockschießen, Wasserski und anderen damals angesagten Freizeitaktivitäten zusammen. Die Personen wirken absolut stereotyp – und ähneln den Protagonisten aus Comicserien der damaligen Zeit wie etwa "Bruno Brazil" oder "Rick Master".


Lord Extra: markante Kinne im Einheitslook


Unter den vielen anderen Zigaretten dieser Zeit – Attika, Kim, Ernte 23, Krone, Peer 100, Lux seien hier stellvertretend genannt – gefiel mir als Kind eine Marke besonders gut: die Peter Stuyvesant. War ich nämlich bei meinen Großeltern zu Besuch, was ich immer sehr genoss, rauchte mein Opa, der Herr rechts im Bild, seine geliebte "Stuyvesant" und legte dazu gerne die passende Schallplatte auf: die berühmte Stuyvesant Werbemusik – den "Sportsmasters March".


Umtrunk: Oma, Opa, meine Eltern in der Mitten. Der Demag Aschenbecher war damals unentbehrliches Requisit. Ich besitze ihn heute noch.


Das klar gezeichnete Cover der Single gefiel mir schon als Kind – es erinnerte mich irgendwie an die schön gestalteten Kinder-Sachbücher, die ich damals gerne las, an Abbildungen von modernen Flugzeugen des Jet-Zeitalters, an Übersichten von Länderflaggen, an alles was Modernität und Internationalität verkörperte. Die schöne Optik der Schallplatte, die mitreißende Melodie des Peter-Stuyvesant-Marsches und der geheimnisvoll klingende Name waren wohl die Gründe für mein frühes Interesse an dieser klassischen Zigarettenmarke.

Robert Busby: "Sportsmasters March"